Schadensersatz nach Skiunfall

Wie der Anspruch auf Schadensersatz nach einem Skiunfall entsteht

Grundsätzlich hat eine geschädigte Person stets einen Anspruch auf Schadensersatz. Unter diesen fallen alle materiellen Schäden, also alle Schäden, die in Geld zu beziffern sind. Dies sind beispielsweise Behandlungs- und Medikamentenkosten oder auch Kosten für die Bergrettung. Erleidet das Opfer schwere Verletzungen, so besteht auch ein Anspruch für die Mehrbedarfsschäden, wenn also das Haus behindertengerecht umgebaut werden muss. 
Die Anspruchsgrundlage hierfür ist § 823 Abs. 1 BGB. Voraussetzung für die Norm ist, dass jemand ein schuldhaftes Verhalten aufweist, also vorsätzlich oder fahrlässig die Gesundheit oder den Körper eines anderen verletzt.
Allerdings weist ein Skiunfall gewisse Besonderheiten auf: Denn was fahrlässig ist, wird anhand der allgemeinen Verhaltensregeln des Internationalen Skiverbandes FIS bestimmt. Verstößt eine Person auf der Piste dagegen, so wird in der Regel ein fahrlässiges Verhalten angenommen. 

Die FIS-Regeln für Skifahrer und Snowboarder:

  1. Rücksichtnahme auf die anderen Skifahrer und Snowboarder: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
  2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
  3. Wahl der Fahrspur: Der von hinten kommende Skifahrer und Snowboarder muss seine Fahrspur so wählen,
    dass er vor ihm fahrende Skifahrer und Snowboarder nicht gefährdet.
  4. Überholen: Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder von links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer oder Snowboarder für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
  5. Einfahren, Anfahren und hangaufwärts Fahren: Jeder Skifahrer und Snowboarder, der in eine Abfahrt einfahren, nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
  6. Anhalten: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer oder Snowboarder muss eine solche Stelle so
    schnell wie möglich freimachen.
  7. Aufstieg und Abstieg: Ein Skifahrer oder Snowboarder, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrt benutzen.
  8. Beachten der Zeichen: Jeder Skifahrer und Snowboarder muss die Markierung und die Signalisation beachten.
  9. Hilfeleistung: Bei Unfällen ist jeder Skifahrer und Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet.
  10. Ausweispflicht: Jeder Skifahrer und Snowboarder, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.

Die Höhe des Schadensersatzes

Grundsätzlich wird die Schadensersatzhöhe nach der Differenzmethode berechnet. Dies bedeutet, es wird die Differenz zwischen der Vermögenslage nach dem Unfall und die hypothetische Lage ohne den Unfall berechnet. Dadurch sollen alle tatsächlich entstanden Kosten ausgeglichen werden. Liegen alle Rechnungen für die entstandenen Schäden vor, so wird dies im Rahmen der konkreten Schadensberechnung getan. 
Ist dies nicht möglich, weil z.B. keine Rechnungen existieren, wird die Höhe des Schadensersatzes durch eine abstrakte Schadensberechnung beziffert. Dann werden typischerweise auftretende Schäden als Vergleich herangezogen.

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    Die Abgrenzung zum Schmerzensgeld und wieso die Höhe schwieriger zu bestimmen ist

    Grundsätzlich weitaus komplizierter zu bestimmen als der Schadensersatz ist das Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB. Davon sind alle immateriellen Schäden erfasst. Denn grundsätzlich hat ein Unfallopfer immer auch den Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld. Dadurch sollen alle physischen und psychischen Schäden ausgeglichen werden, die durch den Unfall entstanden sind. 
    Das Schmerzensgeld erfüllt dabei zwei Funktionen: die Ausgleichs- und die Genugtuungsfunktion.
    Wie hoch das Schmerzensgeld letztendlich ist, ist immer nach dem Einzelfall zu beurteilen. Denn jedes körperliche Leid ist individuell.
    Der BGH bestätigte beispielsweise in einem Urteil aus diesem Jahr, dass sich die Höhe des Schmerzensgeldes stets „aus der Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls ergibt“. Eine Hochrechnung verbietet sich daher. 
    Für die Berechnung des Schmerzensgeldes werden in der Regel aber Schmerzensgeldtabellen herangezogen. In denen ist verzeichnet, wie beispielsweise in ähnlich gelagerten Fällen durch Gerichte entschieden wurde. Erstellt werden diese Tabellen vom ADAC, verschiedenen Rechtsanwälten oder auch dem OLG Celle. Letztgenannte ist beispielsweise online einsehbar.
    Wichtig ist allerdings zu sagen, dass die Schmerzensgeldtabellen nicht bindend sind, sie dienen nur als Orientierung. 

    Skiunfälle mit einem Kind

    Grundsätzlich gilt, dass Skiunfälle mit einem Kind aus rechtlicher Sicht deutlich komplizierter sind. Denn zwar gelten die FIS-Regeln auch für Kinder. Diese haften allerdings gemäß § 828 Abs. 1 BGB nicht, sofern sie unter sieben Jahre sind. Dann ist nur ein Schadensersatz gemäß § 832 BGB möglich, sofern die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Dies muss der Anspruchsteller allerdings stets nachweisen, was in vielen Fällen nicht gelingt. 
    Ist das Kind zwischen sieben und achtzehn Jahren, so gilt gemäß § 828 Abs. 3 BGB, dass eine Schadenersatzpflicht ausgeschlossen ist, sofern das Kind nicht die erforderliche Einsichtsfähigkeit hat. Dies bedeutet nach der Rechtsprechung des BGH: „Einsichtsfähig ist der, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein.“

    Welche Rechtsordnung bei einem Skiunfall im EU-Ausland angewendet wird

    Welches Recht bei Skiunfall anwendbar ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Logischerweise findet deutsches Recht Anwendung, sofern die Unfallbeteiligten die deutsche Staatsbürgerschaft haben und der Unfall auf deutschem Boden passiert ist. Ist dem nicht so, so richtet sich die Anwendbarkeit des Rechts nach Art. 4 Abs.1 Rom-II-VO. Dort ist streng nach dem „Tatortprinzip“ festgehalten, dass das Recht des Landes anzuwenden ist, in dem der Skiunfall stattgefunden hat.  
    Sofern beide Personen, unabhängig von der Nationalität, den gewöhnlichen Aufenthalt im gleichen Land haben, so findet gemäß Artikel 4 Abs. 2 Rom-II das Recht des Aufenthaltsorts Anwendung. 
    In Ausnahmefällen besteht durch die Ausnahmeklausel in Absatz 3 jedoch die Möglichkeit, dass auch eine andere Rechtsordnung angewendet wird. Dies ist der Fall, sofern die ersten beiden Absätze zu atypischen Ergebnissen führen würden. Insbesondere bei Fragen des Schadensersatzes nach einem Skiunfall dürfte dieser Absatz allerdings keine Rolle spielen. 


    Autor:
    Steinbock & Partner mbB, Rechtsanwälte
    Konrad Terporten LL.B.
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