Cannabis Legalisierung

Seit der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages im November 2021 ist klar, dass in Deutschland die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene erlaubt werden soll. Dies soll in lizenzierten Geschäften und Apotheken erfolgen.
Der Plan war dabei, in der ersten Jahreshälfte 2022 einen Gesetzesentwurf zu formulieren, der dann in der zweiten Hälfte veröffentlicht werden soll. Wie der aktuelle Stand ist, insbesondere was die Strafbarkeit angeht und wann die geplante Legalisierung möglich sein könnte.

Der aktuelle strafrechtliche Stand

Die wesentlichen Regeln für Cannabis sind im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) festgelegt. Nach § 1 Abs. 1 BtMG in Verbindung mit Anlage I wird Cannabis noch immer als nicht verkehrsfähiger Stoff geführt. Dies hat zur Folge, dass gemäß § 29 Abs. 1 BtMG jeder Anbau, Handel und Besitz von Cannabis strafbar ist. Die Konsequenz kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sein. Der Plan der Bundesregierung war es dabei, den Besitz von kleineren Mengen Cannabis nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen.
Dies soll insbesondere aus § 31a BtMG resultieren, indem beispielsweise die Staatsanwaltschaft von einer Verfolgung absehen kann, wenn „der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.“
Momentan wird dieser Entscheidungsspielraum aber in den verschiedenen Bundesländern noch sehr unterschiedlich gehandhabt, insbesondere was die Obergrenzen des Besitzes angeht.
Die Gesetzesnovelle soll der ganzen Problematik Abhilfe schaffen und gleichzeitig die Strafverfolgungsbehörden entlasten. Denn laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) 2020 gab es bundesweit fast 230.000 Delikte im Zusammenhang mit Cannabis. Darunter fielen beispielweise auch neuartige Delikte, wie das Bestellen von Samen aus dem Internet. Doch auch hier sei gesagt: Wer Samen im Internet bestellt, muss mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen.
Zwar stehen im Zentrum der Verfolgung nach wie vor Personen, die Handel betreiben. Oftmals wird aber auch bei geringen Mengen ein Verfahren eröffnet. Dies kann besonders bitter sein, wenn man sich zufällig im „falschen Bundesland“ befand, in der die Obergrenze weniger tolerant ausgelegt wird.

Cannabisbesitz ist nach wie vor strafbar!

Dies könnte auch der Fall sein, da für manche Personen möglicherweise bereits der Eindruck entstand, dass der Besitz von Cannabis hierzulande schon legal sei. Dem ist jedoch in aller Deutlichkeit zu widersprechen. Strafrechtliche Grundprinzipien wie das Rückwirkungsverbot verbieten beispielsweise, dass Handlungen, die zu einem früheren Zeitpunkt nicht strafbar waren, nachträglich bestraft werden. Von solchen Prinzipien ist man aber hier weit entfernt. Eine bloße Nennung im Koalitionsvertrag hat keinen (mildernden) Einfluss auf die Strafverfolgung. Diese darf so lange stattfinden, bis es ein entsprechendes Gesetz gibt.

Wann die Cannabis Legalisierung kommen soll und wie sie aussehen könnte

Mit der Nachricht von der Legalisierung von Cannabis brach vielerorts Euphorie aus. Doch so schnell dürfte der legale Konsum von Cannabis nicht kommen. Zwar sprechen einige Stimmen bereits davon, dass Anfang nächsten Jahres in Deutschland legal gekifft werden kann. Auch von Justizminister Marco Buschmann hieß es, dass das Gesetz bis Frühjahr 2023 umgesetzt werden soll. Eine solche Annahme dürfte allerdings sehr utopisch sein. Denn nach wie vor gibt es innerhalb der Regierung eine große Diskussion hinsichtlich der Ausgestaltung. Realistischer dürfte daher eher Anfang 2024 sein.

Unterschiedliche Auffassungen, was legalisiert werden soll

Insbesondere die verschiedenen Meinungen, wie man die Legalisierung umsetzen will, könnten zu einer Verzögerung führen. Einig ist man sich nur darin, dass es eine Obergrenze für Cannabis-Besitz geben soll. Teilweise wird diese bei 20 bis 30 Gramm festgesetzt. Gleichzeitig sollen klare Regeln für den Straßenverkehr mit auf den Weg gebracht werden. Genaue Pläne für die Umsetzung gibt es aber nach wie vor nicht.

Wieso internationales Rechte zum Problem werden könnte

Neben der Diskussion um die Umsetzung könnte auch internationales Recht die Legalisierung zumindest verzögern. Denn mit den Vereinten Nationen gibt es noch einen völkerrechtlichen Vertrag. In der „Single convention on narcotic drugs“ aus dem Jahr 1961 haben sich alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, dass sie Drogenanbau und- besitz verfolgen. Dies dürfte aber noch eine überwindbare Hürde sein. Denn zwar ist UN-Recht erst einmal für alle Mitgliedsstaaten bindend. Der Vertrag an sich ist aber kündbar.

Europarecht als größere Hürde

Ein weitaus größeres Problem für die Legalisierung könnte das Europarecht sein. Denn laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages steht die Legalisierung im Widerspruch zum Europarecht. Zum einen könnte die Legalisierung gegen einen EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2004 verstoßen. Mit diesen Beschlüssen durch den Rat der Europäischen Union sollen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten aneinander angeglichen werden. In dem Rahmenbeschluss aus 2004 wurde festgehalten, dass jedes Mitgliedsland den Cannabisbesitz mit „wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen“ ahnden müsse.
Zum anderen könnte das Schengen-Protokoll ein weiteres Problem sein. Denn seit diesem haben sich die Vertragsstaaten verpflichtet, die unerlaubte Ausfuhr von Cannabis mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden. Eine geplante Legalisierung hierzulande wäre konträr zu dieser Regel.

Vergleich mit den Niederlanden ist nur auf den ersten Blick zulässig

Schnell wird dann aber auf Mitgliedsstaaten wie die Niederlande verwiesen, in denen Cannabis vermeintlich legal ist. Dort ist Cannabis allerdings gemäß Artikel 3 Opiumwet formalrechtlich ebenfalls illegal.
Was hierzulande geplant ist, ist jedoch in den Niederlanden bereits Alltag. So ist der Besitz von bis zu fünf Gramm in unserem Nachbarland straffrei. Dies ist aufgrund des dort geltenden Opportunitätsprinzips möglich. Dementsprechend wird es Polizei und Staatsanwaltschaft ermöglicht, dass im eigenen Ermessen von einer Verfolgung abgesehen werden kann. In der Praxis bedeutet dies, dass schon gar keine Strafverfolgung stattfindet.
Somit unterscheidet man sich von Deutschland. Denn hier kann zwar das Verfahren eingestellt werden, grundsätzlich findet eine Verfolgung aber erst einmal statt.


Autor:
Steinbock & Partner mbB, Rechtsanwälte
Konrad Terporten LL.B.
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