Der EuGH musste kürzlich über einen Fall entscheiden, den ihm ein italienisches Gericht vorlegte: Waren die Absprachen zwischen den Arzneimittelherstellern Roche und Novartis tatsächlich wettbewerbswidrig im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts?
Roche verkaufte Lizenz an Novaris
Dem Fall lag ein Lizenzvertrag zwischen Roche und Novaris zugrunde. Roche ist Hersteller und Lizenzinhaber von zwei Augenarzneimitteln: Avastin und Lucentis. Dabei handelt es sich bei dem Mittel Avastin vielmehr um ein Mittel zur Behandlung von Tumorerkrankungen, das aber auch für Augenkrankheiten verschrieben wird, da es günstiger als Lucentis ist. Die Lizenz für das Mittel Lucentis verkaufte Roche an Novaris.
Italien erklärt Absprachen für wettbewerbswidrig.
2014 verhängte die italienische Wettbewerbsbehörde Geldbußen gegen die beiden Unternehmen in Höhe von jeweils 90 Millionen Euro. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie dafür gesorgt hätten, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck durch die Unternehmen erweckt worden sei, dass Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Anwendung von Avastin bestehen würden.
Die Arzneimittelhersteller seien so vorgegangen, weil sie eine künstliche Unterscheidung zwischen den beiden Mitteln herbeiführen wollten, um so den Verkauf von Lucentis zu fördern, was ihnen auch gelang: Die Behörde nahm an, dass durch die Absprachen dem italienischen öffentlichen Gesundheitssektor durch die Nachfrageverlagerung Mehrkosten in Höhe von 45 Millionen Euro entstanden seien.
Unternehmen klagten gegen Geldbußen
Die Arzneimittelhersteller wollten die Geldbußen nicht hinnehmen und klagten zunächst in Italien – ein italienisches Gericht legte den Fall dann im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahren dem EuGH vor. Dieser solle prüfen, ob eine Verletzung europäischen Wettbewerbsrechts anzunehmen sei.
Entscheidung des EuGH
Der EuGH bejaht in seiner Entscheidung einen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht. Ja, Wettbewerbsrecht sei hier erstens anzuwenden, da die Mittel zum selben Markt gehören würden und weiterhin würde es sich vorliegend auch um eine sogenannte „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung handeln.
Die zwei Unternehmen hätten sich wettbewerbswidrig abgesprochen, um der Öffentlichkeit irreführende Informationen mitzuteilen, um damit künstlich auf den Wettbewerb einzuwirken, damit sich Lucentis besser verkaufen würde.
Die Öffentlichkeit müsste vor solchen unsachlichen Beeinflussungen und Irreführungen geschützt werden, so der EuGH.
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Autor:
ROSE & PARTNER LLP.
Rechtsanwalt Dr. Bernd Fleischer
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