Milch von glücklichen Kühen?

Das OLG Nürnberg entscheidet, wann Milch als „Weidemilch“ bezeichnet werden darf.

Weidemilch ab wieviel Prozent Weidezeit?
Wann ist Milch „Weidemilch“? Wann sind Kühe glücklich? Manchmal haben unsere Gerichte über Dinge zu entscheiden, die einen schmunzeln lassen. Wie gern hätte man die Diskussion der Richter des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mitgehört.

Ein Wettbewerbsverband verklagte einen bundesweit als Discounter tätigen Händler von Milch und Milchprodukten. Auf der Milchpackung warb er mit der Aufschrift „Frische Weidemilch“. Auf der Rückseite der Verpackung fand sich der Hinweis: „Bei diesem Produkt handelt es sich um 100% Weidemilch. Unsere Weidemilch stammt von Kühen, die mindestens 120 Tage im Jahr und davon mindestens 6 Stunden am Tag auf der Weide stehen.“.

Weidemilch nur im Sommer?
Schnell stellte sich heraus, dass jeder etwas anderes unter dem Begriff „Weidemilch“ zu verstehen schien. Der klagende Wettbewerbsverband war der Meinung, es handele sich um ein Saisonprodukt. Nur während des Zeitraumes von 120 Tagen handele es sich um Weidemilch. An den restlichen Tagen im Jahr bekämen die Kühe keine Weide zu sehen.

Die Richter des Landgerichts Amberg schienen ähnlicher Meinung zu sein. Sie entschieden im erstinstanzlichen Urteil, dass es sich nur dann um Weidemilch handele, wenn die Kühe am Tag der Melkung mindestens 6 Stunden auf der Weide verbracht hätten. Gerade in Deutschland aber scheint dies doch etwas theoretisch. Wenn nun im Sommer eine Kaltfront hereinbricht, ist die Milch an diesen Tagen, die die Kühe nicht auf der Weide verbringen können, keine Weidemilch? Klingt nach großem Aufwand für die Hersteller.

Weidemilch auch im Winter?
Die Vertreiber hatten sich mit ihrer Definition an Vorgaben des niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz orientiert. Darin fand sich eben diese 120-Tage Regelung wieder. Die Richter des Oberlandesgerichts entschieden nun, der Begriff sei jedenfalls rechtlich nicht definiert.

Indem sich der Vertreiber aber an die Vorschriften des Ministeriums gehalten hatte, sei diese Bezeichnung jedenfalls per se nicht irreführend. Weiterhin finde sich schließlich auf der Rückseite der Verpackung eine genaue Beschreibung, was man unter dem Begriff verstehe. Selbst wenn im Volksmund von einem Saisonprodukt ausgegangen werde, sei doch die Werbung auf der Verpackung jedenfalls nicht geeignet, den Verbraucher in die Irre zu führen.

Auch Brüssel hat eine Meinung
Diese Bezeichnung entspreche im übrigen auch den europäischen Vorgaben, so die Richter. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) müsse die Verpackung einen Hinweis enthalten, der die Zusammensetzung der Erzeugnisse genau erläutere. Dies sei durch die Definition des verwendeten Begriffs „Weidemilch“ geschehen.

Darüber hinaus verneinten die Richter ohnehin die Verantwortlichkeit des Discounters für die Bezeichnung auf der Milchpackung. Dieser sei lediglich Händler des Produkts. Als solche sei er nur verpflichtet solche Informationen zu unterlassen, von denen er im Rahmen seiner Tätigkeit als Händler weiß, dass sie falsch sind.

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Autor:
ROSE & PARTNER LLP.
Rechtsanwalt Dr. Bernd Fleischer
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