Leid und Taktik in der Erbengemeinschaft

Nur wenige Zusammenschlüsse von Menschen dürften so unerfreulich sein wie die Erbengemeinschaft. Bereits der Erbfall an sich, also der Tod eines Menschen, ist für die Angehörigen meist schon eine Belastung. Finden sich diese dann noch in einer Erbengemeinschaft wieder, ist der Erbstreit häufig unausweichlich.

Wie eine Erbengemeinschaft entsteht
Die Mitgliedschaft in einer Erbengemeinschaft sucht man sich nicht aus. Sobald es mehr als einen Erben gibt, finden sich diese Miterben in dieser Zwangsgemeinschaft wieder. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob die Erbengemeinschaft durch gesetzliche Erbfolge oder Testament entsteht. In beiden Fällen wird man automatisch im Zeitpunkt des Erbfalls Erbe – also auch ohne „Annahme“ der Erbschaft. Nur mit einer rechtzeitigen Ausschlagung schafft man den selbstbestimmten Exit.

Allen gehört alles gemeinsam
Die Rechtsnatur der Erbengemeinschaft ist komplex. Grundsätzlich gehört allen Miterben der Nachlass als Ganzes gemeinsam – aufgeteilt nach Quoten. Nur wenn die Erben auch mit Vermächtnissen bedacht wurden, durch ein so genanntes Vorausvermächtnis – können einzelne Gegenstände auf einzelne Miterben übergehen.

So darf kein Miterbe allein über einen Nachlassgegenstand verfügen, ihn also zum Beispiel verkaufen. Hier müssen alle gemeinsam tätig werden. Noch komplexer ist die Verwaltung des Nachlasses, z.B. bei einer Nachlassimmobilie die Vermietung oder Reparatur der Heizung. Blockaden, Pattsituationen, Mehrheitserfordernisse sind dann die vorherrschenden Themen.

Die Auseinandersetzung – der Traum vom Ausscheiden aus der Zwangsgemeinschaft
Eine solche Erbengemeinschaft zermürbt auf diese Weise im Laufe der Jahre auch hartgesottene Zeitgenossen. Logisch, dass früher oder später der Wunsch aufkommt, sich aus dem Kreis der Miterben zu verabschieden. Leicht gesagt, aber in der Praxis in vielen Fällen fast schwierig bis unmöglich.

Theoretisch kann die Auseinandersetzung und Auflösung der Erbengemeinschaft durch so genannte Teilungsklage erreicht werden. Das setzt aber unter anderem voraus, dass der gesamte Nachlass vollständig teilbar ist, also zu Geld gemacht wurde. Bei Immobilien erfolgt das durch eine Teilungsversteigerung, die auch mal statt einer Versilberung eine Verschleuderung von Nachlasswerten bedeuten kann. Bei sonstigen Nachlasswerten ist es noch schwieriger, eine Teilungsreife herzustellen.
Im Ergebnis kommt man also nicht darum herum, sich mit den anderen Miterben zu einigen und sich gegen eine Abfindung – in Geld oder Nachlassobjekten – vertraglich zu verabschieden.

Taktik und Strategie – Überleben in der Erbengemeinschaft
Wer seine Interessen als Miterbe durchsetzen will, benötigt neben Kenntnissen der Rechtslage vor allem einen kühlen Kopf. Von entscheidender Bedeutung ist der Durchblick bei den Machtverhältnissen und den Interessen der einzelnen Miterben. Welcher Miterbe benötigt dringend Cash? Welche Nachlassobjekte haben für die einzelnen Erben welche Bedeutung bzw. welchen Nutzen? Welche Allianzen gibt es zwischen den Beteiligten?

Der Rechtsanwalt bzw. Fachanwalt für Erbrecht muss hier gemeinsam mit seinem Mandanten eine Strategie entwickeln, die einerseits klar erkennbar, andererseits aber flexibel sein muss. Erfahrene Anwälte nutzen hier alle im Erbstreit zur Verfügung stehenden Instrumente – von der mediativen außergerichtlichen Konfliktbeilegung bis zur knallharten Durchsetzung der Mandanteninteressen vor dem Nachlassgericht bzw. den ordentlichen Zivilgerichten.

Mehr zur Taktik und Strategie für Miterben in der Erbengemeinschaft finden Sie [hier].


Autor:
ROSE & PARTNER LLP.
Rechtsanwalt Bernfried Rose
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