Keine Umsatzsteuer im E-Commerce? Steuerbetrug in Milliardenhöhe weiterhin ohne Konsequenzen

Auch Handelsplattformen im Internet sind rechtlich verpflichtet, die Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent für in Deutschland gemachte Einnahmen abzuführen. Tatsächlich kümmert das viele Betreiber aus dem Ausland aber häufig recht wenig. Nach Aussage der SPD seien zum Beispiel aus Fernost nur etwa 400 Online-Händler überhaupt für die Umsatzsteuer registriert. Der deutsche Staat hat derzeit weder hinreichende Personalmittel noch ein funktionierendes Sanktionssystem, um die Steuerhinterziehung im E-Commerce zu bekämpfen.

Fortschritt Stufe Null

Gegen die wollte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Abhilfe schaffen. Sie brachten einen Antrag in den Bundestag ein, der die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzesentwurfes auffordern sollte. Der Finanzausschuss des Bundestages lehnte den Antrag aber nun ab.

Die Begründung des CDU/CCSU-Vertreters im Finanzausschuss ist mehr als fadenscheinig: Die Bundesregierung nähme sich des Problems schon an. Einerseits sollte das nie ein Grund für den Bundestag sein, nicht auch tätig zu werden (Gewaltenteilung, vielleicht klingelt es ja bei dem ein oder anderen). Und so eine kleine Aufforderung durch den Bundestag tut ja nicht weh. Mal davon abgesehen: Haben Sie von diesen angeblichen Plänen der Regierung schon etwas gesehen oder gehört? Gibt es da Hinweise, dass eine Lösung in Sicht ist?

Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen

Dabei geht es hier nicht nur darum, dass unserem Staat mal wieder hohe Einnahmen entgehen — offizielle Stellen gehen von einem Steuerausfall in Höhe von 800 Millionen bis einer Milliarde Euro allein durch den E-Commerce aus.

Sondern es geht auch um die Benachteiligung all jener, die sich an die Vorschriften des Steuerrechts halten, in der gutgläubigen Überzeugung, Gesetze müssen eingehalten werden. In Zeiten in denen „Steuern sparen“ scheinbar ja zum guten Ton gehört und (siehe Trump) von unternehmerischem Engagement zeugen anstatt von mangelnder gesellschaftlicher Verantwortung, sollten wir alles daran setzen, den wenigen Gesetzestreuen nicht das Gefühl zu geben, sie seien naive Vollidioten.

Was kann man tun?

Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, diesen widerrechtlichen Zustand zu bekämpfen. Die Grünen schlagen zum Beispiel vor, die Plattformbetreiber in Haftung zu nehmen. Die Linken fordern, die Finanzbehörden mit zusätzlichem Personal auszustatten. Nur dann sei eine hinreichende Verfolgung gesichert. Von den Parteien unserer großen Koalition fehlt dagegen ein konkreter Ansatz bisher.

Gut zu wissen, dass der Bundestag nun nicht einmal anfragen wird, was denn geschehen solle. Bleibt uns wohl nur, abzuwarten, was wann vielleicht unternommen wird. Vielleicht schafft ja der Wahlkampf etwas Druck. Mit einer Demonstration gegen Steuerhinterziehung darf man in Deutschland wohl derzeit nicht hoffen. Demonstrieren ist ja scheinbar out und das Biedermeiertum 2.0 wieder mehrheitsfähig. Ab zur nächsten Thermo-Mix-Party!


Autor:
ROSE & PARTNER LLP.
Rechtsanwalt Bernfried Rose
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